Bondage * 1

Der Novembermorgen war grau und trüb. Wir waren unterwegs zum Bogensee, etwa 40 km nördlich von Berlin. Vier Frauen und ein Mann, so fuhren wir Sonntag früh um sieben durch die feuchten Wälder des Barnimer Landes. Unser Ziel war der Waldhof des ehemaligen Reichspropagandaministers Joseph Goebbels. Die Stadt Berlin hatte ihm dieses idyllisch gelegene Blockhaus 1936 zum Geburtstag geschenkt.

Ich war schon einmal am Waldhof gewesen. Der Ort hatte mich damals eigenartig berührt und in mir den dringenden Impuls geweckt, auch an diesem Platz ein Lichttor für erdgebundene Seelen Verstorbener zu öffnen (siehe Rubrik „Seelenkraft - Lichttore für die Seelen Toter“). Nun war es soweit. Das ganze Gelände lag in tiefer Stille, das Goebbelsche Blockhaus leer und verlassen, und die Bewohner der wenigen angrenzenden Häuser offenbar noch schlafend. Wir waren völlig ungestört.

Langsam liefen wir über das Gelände, schauten uns um und spürten in uns hinein. Wo sollten wir tätig werden? Ich ging direkt zum Goebbels-Haus, doch es zog mich zurück zu einem großen, freien Platz hinter den Wohnhäusern. Überhaupt hatte ich nicht das Gefühl, dass unsere Seelen-Arbeit speziell etwas mit Goebbels und seinem Waldhof zu tun hatte, sondern eher mit dem gesamten Areal, auf dem wir uns befanden.

Wir trafen unsere Vorbereitungen, bildeten einen Kreis und verbanden unsere Absicht mit der Liebe unserer Herzen und unserem Mitgefühl. Gemeinsam riefen wir eine Säule aus Licht aus dem reinen Gottesbewusstsein herab. Mit Tönen, Liedern und Worten wandten wir uns an die Seelen der Toten und luden sie ein, durch das Lichttor zurück in den Schoß der Schöpfung zu kehren und so ihr Umherirren im astralen Feld der Erde zu beenden.

Wenn die Lichtsäule stand, kamen nach meinen bisherigen Erfahrungen unzählige Seelen geströmt und drängelten sich regelrecht, in das Lichttor hinein zu gehen. Auch hier kamen die Seelen, doch es fühlte sich alles eigenartig schwer und zähflüssig an, als klebten sie noch irgendwo fest und könnten sich nicht lösen. Petra** bestätigte meine Empfindung, und mir kam spontan und seltsamerweise das englische Wort „Bondage“ in den Sinn.

Erneut begann ich zu rufen und einzuladen. Mein Krafttier***, das ich bei dieser Aktion um Begleitung und Beistand gebeten hatte, riet mir, die Seelen von Schwüren, Versprechen und Eiden, die sie zur Nazizeit oder wann auch immer geleistet hatten, freizusprechen. Ich gab mir große Mühe, den Seelen zu erklären, dass diese Gelöbnisse Vergangenheit und nicht mehr für sie bindend seien und sie nunmehr ungehindert ins Licht gehen könnten. Das taten sie zwar, doch die sonst übliche Leichtigkeit fehlte, und in meinem Inneren geisterte nach wie vor das Wort „Bondage“ herum

Hinterher, als wir bei einem kräftigen Frühstück unsere Erfahrungen austauschten, erklärten die anderen Teilnehmer ebenfalls, dass sie diese Schwere empfunden hätten. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung. Wo immer ich bisher gearbeitet hatte, selbst auf Gräberfeldern und in Konzentrationslagern, solch ein Gefühl der Schwere war niemals damit verbunden gewesen.

Mike sagte im Anschluss, dass nach seinem Empfinden auf diesem Areal dämonische Energien  herrschten, wodurch es den Seelen so schwer wurde, sich zu lösen.

 

*)     Bondage: englisch u.a. für Gebundenheit, Gefangenschaft, Fesselung
**)   Die Namen sind geändert.
***) Krafttiere sind im schamanischen Weltbild geistige Helfer und Mittler zwischen den Dimensionen.   Sie unterstützen und beschützen uns auf der seelischen Ebene bei vielen Dingen
des täglichen     Lebens.

November 2013

    © Karin Usbeck
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Karin Usbeck, Thüringen