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Bondage 3

Mir schwante, dass die Kontaktaufnahme mit dem schwankenden Geistwesen etwas anstrengend werden könnte. Deswegen sorgte ich dafür, dass ich warm, sicher und ungestört bei mir zu Hause saß, stärkte mich mit einem Topf  Kaffee und bat mein Krafttier um Begleitung und Unterstützung.

Dann reiste ich erneut mit meinem Bewusstsein zu dem Geistwesen, das immer noch haushoch auf dem Platz verankert war und vor sich hin schwankte. Ich stellte mich vor, so wie es auch in der spirituellen Arbeit die Höflichkeit gebietet, und begrüßte es. Auf meine Frage, was es denn für eine Energie sei, schleuderte es mich mit einem Energieschwall mehrere Meter zurück.

„Du kannst mich mal!“, war seine Reaktion.
„Nee“, konterte ich, „kann ich nicht. Du bist mir viel zu groß dafür. Ja, du bist sehr groß und schön“, verkündete ich weiter, „und ich bin sehr von dir beeindruckt.“
Das war nicht nur Taktik von mir. Hier erhob sich eine wirklich starke, beeindruckende Energie, und Schönheit – nun, die liegt im Auge des Betrachters.

„Du findest mich schön?“, fragte das Wesen erstaunt und ein klein wenig milder, „das hat noch niemand zu mir gesagt.“
„Na ja, vielleicht haben sie dich ja nicht so gesehen, wie ich.“ Langsam kam ich wieder etwas näher. „ Aber was bist du nun für eine Energie, und warum hängst du hier fest? Was ist denn passiert?“ „Das musst du den Erdgeist fragen“, grollte das Wesen, „der hat mich hier festgebunden!“ „Ach, und weil du hier festgebunden bist und dich nicht lösen kannst, hast du auch die Seelen gestört, die ins Licht wollten?“
„Richtig! Wenn ich nicht weg kann, sollen sie auch nicht weg!“ Ende der Konversation.

Da das Wesen zu keiner weiteren Auskunft bereit war, musste ich wohl doch den Erdgeist fragen. Ich bat mein Krafttier, mich zu ihm zu führen. Es schlug mir vor, zu einem der Bäume in der Nähe zu gehen und über seine Wurzeln hinab ins Erdreich zu gleiten. Ich befolgte seinen Rat und landete in einem weitläufigen Wald miteinander verschlungener Wurzeln. Nachdem ich ihn eine Weile durchlaufen hatte, öffnete sich vor mir ein Schacht, und mein Krafttier sagte: „Du musst noch tiefer  in die Erde.“ Ich ließ mich hinab sinken und landete tief unten in dunklem, warmen Erdreich, das mich wohlwollend und tröstlich umfing. Hier spürte ich den Geist der Erde und begrüßte ihn. Ich erzählte, was das Wesen da oben mir mitgeteilt hatte und fragte nach, worum es sich handelte.

„Es handelt sich um Blut“, erwiderte der Erdgeist, „um Ströme von Blut, die vergossen wurden und die Erde tränkten.“ Vor meinem inneren Auge sah ich das erschreckende Bild von Blut, das ins Erdreich sickerte, und spürte den Schmerz der Erde, als sie es aufnahm.

„Aber auf diesem Areal und im Goebbels-Haus ist nach meiner Kenntnis doch niemand ermordet worden, und kein Blut ist hier geflossen“, wandte ich ein. Und auf dem Wesen da oben konnte ich ebenfalls kein Blut wahrnehmen. Wie ist das zu verstehen?“

Der Erdgeist seufzte. „Dieses Wesen, diese Energieform,  verkörpert die Geistesstruktur des Blutvergießens. Hier wurde die Ideologie des Mordes unzähliger Menschen maßgeblich geschmiedet und in die Länder hinaus getragen. Hier ist die geistige Keimzelle für das vergossene Blut.“

Ich verstand. Ja, Goebbels war es gewesen, der das deutsche Volk auf die Vernichtungsstrategie Hitlers eingeschworen hatte. Hier hatte er in Ruhe gearbeitet und seine Hetzreden und Pamphlete entworfen. Getragen von vielen Anhängern der faschistischen Ideologie und den daraus resultierenden schrecklichen Verbrechen war eine machtvolle Energie entstanden, die geistige Energie des Tötens und des Blutvergießens. Mir war klar, dass es unbedingt nötig gewesen war, diese Energie unwiderruflich zu binden, und das hatte der Geist der Erde getan.

Die ganze Situation bereitete mir Unbehagen. Natürlich konnte die Energie nicht einfach wieder frei gelassen werden, aber so bleiben konnte sie meiner Meinung nach auch nicht. Ich wandte mich an den Erdgeist: „Der jetzige Zustand ist wirklich ein Dilemma. Meinem Empfinden nach wirkt das Wesen sehr störend auf seine Umgebung, und sicherlich nicht nur auf die erdgebundenen Seelen, die es festzuhalten versuchte. Außerdem ist das alles Vergangenheit. Irgendwie muss es doch möglich sein, die Wunden und die Schrecken der Vergangenheit zu heilen. Wir brauchen für die Gegenwart neue Lösungen. Nur welche?“

Ich dachte nach. „Kann ich denn für dieses Geistwesen nicht auch ein Tor öffnen, wie für die Seelen der Toten, damit es ins Licht geht?“ Gleichzeitig mit meiner Frage spürte ich, dass das hier nicht funktionieren würde. Auch der Erdgeist verneinte. Er zeigte mir statt dessen eine Lichtsäule, die sowohl von oben aus dem reinen Gottesbewusstsein herunter kam und gleichzeitig von unten aus dem Herzen von Mutter Erde nach oben stieg. Die Lichtsäule stülpte sich über das Wesen, sodass es darin eingeschlossen war wie in einer Röhre.

„So ist es machbar“, sagte der Geist der Erde.
„Kann ich das jetzt gleich tun?“, fragte ich zurück.
„Nein, das ist nicht möglich. Es kann nicht aus der Ferne getan werden, und du kannst es nicht allein tun. Das ist eine äußerst wichtige und verantwortungsvolle Aktion. Dafür brauchst du eine Gruppe von Menschen, die mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen, und deren vereinigte Kraft und Energie.“

„In welche Richtung sollen wir das Wesen denn dann leiten?“, wollte ich wissen. „Nach oben ins Gottesbewusstsein oder nach unten zu Mutter Erde?“
„Das entscheiden wir dann, wenn es soweit ist“, erwiderte der Erdgeist.

Ich verabschiedete mich mit Dank, löste mich aus dem tröstlichen Erdschoß und ging den gleichen Weg zurück, den ich gekommen war.

„Na?“, grollte das Wesen, als ich wieder oben auftauchte.

„Hör zu“, sagte ich, „ich kann dich nicht lösen, und ich kann jetzt auch nichts für dich tun. Ich muss später noch einmal wieder kommen.“

Das Wesen brüllte. Erneut schleuderte mich ein Energieschwall mehrere Meter davon. Das Wesen brüllte und brüllte.

„Lass uns bloß von hier verschwinden!“, sagte ich zu meinem Krafttier, und genau das taten wir.

Nachtrag: Gerne möchte ich mit den Menschen, die mit mir am Bogensee das Lichttor für die erdgebundenen Seelen öffneten, noch einmal zu dem Platz gehen und mit Hilfe der geistigen Welt die Problematik dort klären. Sehr gerne sind auch andere Frauen und Männer willkommen, die uns dabei mithelfen möchten. Bitte kontaktieren Sie mich.

Januar 2014

    © Karin Usbeck
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Karin Usbeck, Thüringen